Kalt und grau war es noch am Linzer Hauptplatz Anfang Februar 2019 und noch dunkler damit die Hauptplatz Passage. Ich ging gedankenverloren - vom Taubenmarkt kommend - durch die Passage und bemerkte eine junge Frau, die sich unsere Auslage genau ansah. Voll mit meinem schlechten Gewissen und auch meiner Ungeduld, dass ich immer noch nichts realisiert hatte, sprach ich die Frau an und entschuldigte mich für unser Nichts-Tun und das hier bald etwas entstehen würde.....

Kann man das Mieten? Kam die sehr schüchterne Frage von Franziska "Franzi" Schink, wie ich kurz darauf erfahren sollte und schon war ich neugierig und wie immer sagte mir meine Intuition - JA und frohlockte. Sie suchte einen Ort für ihre Abschlussarbeit des Studiums der raum&designstrategien an der Linzer Kunstuniversität. Einen temporären Ort für eine temporäre Arbeit. Genau das ist ein Teil meiner Vision für den Hauptplatz 23: Räume anders nutzen, sie temporär verwandeln, wie in diesem Fall in eine Visionsbar, 1990 in einen Möglichkeitsraum, in einen Freiraum, in einen Verkaufsraum, in eine Rezeption - so heißt dieser Raum jetzt: DIE REZEPTION - aber dazu ein andermal mehr!

Ich fand mit Franziska Schink eine wunderbare Person, und ich wollte einfach mehr von ihr und ihrer Arbeit wissen - also beschlossen wir zusammen zu arbeiten - und los ging's. Am 6 März dann bestand Franziska mit dieser Arbeit ihre Abschlussprüfung mit Auszeichnung und schloss damit ihr Studium hier in Linz ab.

Danke Franzi! Alles Gute auf deinem weiteren Weg!
Hier findet ihr die Projektbeschreibung und einige Eindrücke der Installation, aber auch der Stimmung - und es war einfach genial!


Visionsbar 1990 von Franziska Schink
Visionsbars waren kleine, wohnzimmerähnliche Räume im Kino, die durch eine große Glasscheibe vom eigentlichen Kinosaal getrennt waren.
Diese Räume gab es ausschließlich in der DDR seit den 1970er Jahren, bis zu ihrem Ende.
In der Arbeit habe ich mich mit den Träumen, Wünschen, Visionen meiner Eltern auseinander gesetzt. Sie zeigt den Raum eines Wohnzimmers am Übergang von den 1980er zu den 1990er Jahren, der Zeit der politischen Wende und des Umbruchs in den sozialistischen Staaten Europas und damit auch weiter reichend.
Die Einrichtung besteht aus komisch vertrauten Möbelstücken, einer Schallplattensammlung mit Sehnsüchten nach Träumen und Liebe, Fernsehmelodien oder Anleitungen für Aerobikkurse. Die Bilderrahmen an der Wand zeigen Familienfotos von entfernten Urlaubszielen, exotischen Blumen oder dem Hund im Auto.
Im Fernsehen sind Ausschnitte aus dem deutschen TV-Programm des Jahres 1990 zu sehen u.a. Nachrichteneinblendungen von beginnenden Unruhen im Osten, Herbert Grönemeyer als klimapolitisch engagierter Künstler oder der Skandal um die Popgruppe Milli Vanilli, die niemals einen Song selbst gesungen hat.
Für mich ist der Beginn der 1990er Jahre ein Schlüssel zu unserer heutigen Zeit, in der die Dinge begonnen haben sich aufzulösen und nicht mehr das zu sein, was sie zu sein schienen. So, wie ein aus Kunststoff vergoldeter Kleiderständer im Raum.

Franziska Schink
Als gelernte raum&designSTRATEGIN setzt sich die Künstlerin in ihren Arbeiten mit Fragen nach räumlichen Phänomenen und der Spezifität von Orten auseinander. Dabei spielen soziale Strukturen in ihrer Beobachtung immer eine wichtige Rolle.  Ihre Arbeitsweise ist stets ortsbezogen und entwickelt sich aus dem Prozess heraus. Dabei nutzt sie sowohl vertraute Praktiken das Alltags als auch Dokumentarisches in Form von Bild, Text oder Video.
Franziska Schink Visionsbar 1990Visionsbar 1990 c Iris Mayrc Franziska Schink Visionsbar 1990c Franziska Schink Visionsbar 1990

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